Die Apostel baten den Herrn: »Stärke unseren Glauben.«
Aber der Herr sagte: »Wenn euer Glaube nur so groß ist wie ein Senfkorn, könnt ihr diesem Maulbeerbaum befehlen: ›Zieh deine Wurzeln aus der Erde und verpflanze dich ins Meer!‹
– und er wird euch gehorchen.«        
                                                           Lukas 17, 5+6

Liebe Gemeinde,

die Bitte der Jünger ist so berechtigt und ich meine, dass viele von uns die Bitte teilen: »Jesus, stärke unseren Glauben!« Weil wir uns unsicher fühlen, was kommt als nächstes auf uns zu? Womit müssen wir uns als Nächstes auseinandersetzen? Weil so vieles nicht mehr ist wie früher! Und dann kommt Jesus auf dieses Bild von einem Maulbeerbaum, den man entwurzeln könne, wenn man nur den Glauben von der Größe eines Senfkorn hätte.

Jesus hatte Humor

Jedes Kind wusste damals, wie so ein Körnchen aussieht, nämlich wie »fast Nichts«. Auch den Maulbeerfeigenbaum kannten alle. Dieser hatte starke Wurzeln, die sich weit ausbreiteten. Wer eine Maulbeerfeige pflanzte, musste mindestens 25 Meter Abstand zum Brunnen des Nachbarn einhalten, weil die Wurzeln sonst den Brunnen beschädigt hätten. So ein Baum war das.

Bischof Harald Rückert hat über diesen Text zum Abschluss der Norddeutschen Jährlichen Konferenz in Hamburg Wandsbek gepredigt. Er hatte seine Freude an der Vorstellung, wie das »in echt« aussehen würde: Da wird ein Baum ergriffen, wie von einer unsichtbaren Zauberhand, er wird entwurzelt… Die Äste und die Wurzeln stehen in alle Richtungen ab – das Wurzelwerk ist dabei größer als weit ausgebreiteten Äste – und dann fliegt dieser große Baum durch die Lüfte bis ins Meer. Was für eine Szene! Und sagt Jesus dazu: Das könne man bewerkstelligen, wenn man einen Glauben hätte von Größe eines Senfkorns. Dazu gehört schon eine gute Portion Humor.

»Möge die Macht mit dir sein« – Luke Skywalker in Star Wars

Ich für meinen Teil dachte bei dieser Erzählung an einen Film, der in meiner Kindheit lief und mich schon als Teenager begeistert hatte: Ich meine die ersten Filme der Star Wars-Saga und auf Deutsch »Krieg der Sterne«. Die Filme gelten als Science Fiction erzählen aber ihre Geschichte wie ein Märchen, in denen es Prinzessinnen und Ritter gibt. Sie gehören heute zum festen Teil der Popkultur: Im zweiten Teil soll der junge Luke Skywalker – auf der Deutsch »Lukas Himmelsstürmer« zu einem edlen Jedi-Ritter ausgebildet werden. Auf einem unwirtlichen Sumpfplaneten trifft er Yoda, einen kleiner Zwerg, der ein Meister der Jedi ist.

Dieser Winzling hat Zugang zur sogenannten »Macht«, die alle Dinge umgibt und wachsen lässt. Der Spruch »Möge die Macht mit Dir sein« ist heute zum geflügelten Wort geworden. Und so übt es Luke, in Verbindung mit der Macht zu kommen und Dinge zu bewegen, ohne sie zu berühren. Bei mittelgroßen Steinen klappt das dann irgendwann auch. Dann aber soll Luke im Vertrauen auf die Macht sein kleines Raumschiff heben, das zuvor in einem Sumpf versunken ist.

Luke murmelt nur, er könne das ja mal versuchen. Yoda weist ihn zurecht: »Tue es einfach. Oder tue es nicht.« Versuchen, darum ginge es nicht. Und dann kann Luke Skywalker das Raumschiff tatsächlich für kurze Zeit bewegen. Ein Teil des Flügels schaut schon aus dem Wasser, aber dann reicht seine Kraft nicht mehr aus, und das Raumschiff versinkt wieder. Enttäuscht wendet sich Luke ab, er kann es eben nicht.

Der Zwerg Yoda aber streckt seine Hand aus und langsam taucht das Raumschiff aus dem Sumpf auf, übersät mit Wasserpflanzen, es schwebt durch die Luft und landet auf einer kleinen Sandbank… Luke Skywalker bleibt vor Staunen der Mund offen stehen. Und er sagt: »Das glaube ich jetzt nicht…« Yoda sagt nur kurz: »Deswegen ist es dir nicht gelungen…«

Die Ähnlichkeit zu den Versen im Lukasevangelium ist einfach da. Ich kann mir schon vorstellen, dass der Autor, der diese Szene geschrieben hat, diese Geschichte aus dem Lukasevangelium kannte. Schon denkbar. Daraus folgt ja jetzt eine Frage an den Text: Sollen wir etwa jetzt alle Jedi-Ritter werden? Nein, das war ein Scherz. Aber es zeigt, wie fantastisch diese Geschichte im Lukasevangelium ist. Aber die Frage ist wirklich – wenn wir schon nicht Jedi Ritter werden sollen – was stärkt denn unseren Glauben? Wäre es für uns etwa eine Lösung, wenn wir Dinge durch die Luft bewegen könnten? Nein, ich glaube jedenfalls, es geht doch um etwas anders.

Lebendig hoffen

Bischof Harald Rückert hat dazu in seiner Predigt gesagt: »Ein großer Glaube – ja, das wär’s! Ein Glaube, der durch nichts zu erschüttern ist. Eine unverdrossene Hoffnung für uns als Norddeutsche Jährliche Konferenz:

– dass die Gliederzahlen nicht weiter sinken,

– dass sich unsere Gottesdiensten wieder füllen,

– dass die Finanzen ausreichen,

– dass sich neue ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Gemeinden finden; jung, belastbar, kreativ, selbständig, leidenschaftlich und begabt…. « Und vieles andere mehr…

Ich konnte bei jedem Punkt, den der Bischof anführte, innerlich zustimmen. Aber hat Harald Rückert mich dann mit einem unangenehmen Gedanken konfrontiert. Er sagte, das alles seien im Kern unsere Wünsche, dass es doch bitte wieder so werden möge, wie es früher einmal war. Oder wie wir glauben, dass es war. Beim Glauben wie bei dem Thema »Lebendig Hoffen« geht es aber darum, sich nach vorne zur orientieren. Dabei können wir dankbar zu sein, wie es einmal war. Ja, aber Zukunft der Kirche wird wahrscheinlich anders aussehen.

Wir wissen eben nicht wie: Und dann im Glauben loszugehen, heißt, auch die Unsicherheit weiterhin zu spüren und es auszuhalten, dass wir den nächsten Schritt gehen müssen, ohne schon den übernächsten und alles weitere schon zu kennen.

Glaube vertraut in der Unsicherheit darauf, dass Gott sich zu seiner Zeit melden wird, dass er uns begegnet, wo wir es nicht vermuten. Und ein Glaube, der lebendig hofft, hat Zeit, darauf zu warten. Und lebt in der Erwartung, dass Gott sich zeigen wird. Die Frage ist doch, wie können wir mit dieser Unsicherheit leben und dabei fröhlich und befreit glauben?

Nicht mit Angst, sondern mit Neugier: »Irgendetwas kommt immer«

Ich kann Euch jetzt nur einen Gedanken anbieten, der mich angesprochen hat: Ich habe kürzlich einen Kurzfilm über Wandergesellen gesehen. Und ich erinnere mich, daran wie ich vor vielen Jahren, mal zwei Wandergesellen begegnet bin. Es war einfach faszinierend, ihnen zuzuhören. Wandergesellen haben ein Handwerk gelernt und gehen dann für drei Jahre und einen Tag auf die Walz. Nach Hause dürfen sie in der Zeit nicht. Sie gehen von Ort zu Ort. Wenn sie Arbeit finden, arbeiten sie oder sie reisen weiter.

In dem Film erzählt ein Tischler, wie er es auf der Wanderschaft erlebt hat: »Und natürlich gibt es Unsicherheiten. Dann bist du mitten im Nix und hast die Taschen leer und nichts zu essen. Was machst du dann?« Seine Erfahrung war: »Irgendetwas kommt immer: Sei es ein Apfelbaum voll mit Früchten oder du stellst dich beim Bäcker hin und fragst jemanden: Ich habe Hunger und die meisten Menschen helfen dann. Denn der Mensch ist an sich schon ein Guter.«

Was mir einfach imponiert ist diese Lebenseinstellung: »Irgendetwas wird kommen.« Es ist so ein einfacher Satz: Aber da steckt eine große Neugier drin, eine Erwartung: Was wird sich jetzt als nächstes ergeben? Welchen Menschen werde ich dabei begegnen? Und darin ist die Hoffnung: Das wird gut werden. Da gehe ich drauf zu. Ja, da ist Unsicherheit, aber die Neugier ist stärker als die Angst. Der Schreiner sagte; wenn du um Geld bettelst, bringt dich das nicht weiter. Wenn man als Wandergeselle jemanden sagt: »Ich habe Hunger.« Dann wird man oft eingeladen und der Tisch ist voll mit Brot, Käse und Wein.

Ich glaube, dass darin Erfahrungen stecken, die Jesus in seinem Glauben auch gemacht hat. Jesus hat so auf der Straße gelebt, ist mit seinen Jüngern von Ort zu Ort gezogen – nicht genau wissend, was als nächstes passieren wird. Der Glaube an Jesus Christus und die Hoffnung auf Gott führen in Unsicherheiten hinein. Wir folgen eben Jesus. Das ist wohl so. Und wir müssen oft den nächsten Schritt gehn, ohne die weiteren schon zu kennen. Dann gilt: »Irgendetwas wird kommen.« Ich hoffe einfach, dass im Glauben unsere Neugier größer und stärker ist als unsere Angst. In unserem Glauben ist das angelegt.

»Irgendetwas kommt immer.« Als Menschen des Glaubens können wir gewiss sein, dass Gott mitgeht. Er wird sich zeigen, möglicherweise anders als bisher. Aber er wird. Ich wünsche uns diesen Funken Vertrauen, so klein wie ein Senfkorn nur und dann es wird werden. Gehen wir im Vertrauen den nächsten Schritt. Hören wir nochmals auf diese Worte aus dem Lukasevangelium.

Die Apostel baten den Herrn: »Stärke unseren Glauben.« Aber der Herr sagte: »Wenn euer Glaube nur so groß ist wie ein Senfkorn, könnt ihr diesem Maulbeerbaum befehlen:

›Zieh deine Wurzeln aus der Erde und verpflanze dich ins Meer!‹ – und er wird euch gehorchen.«                                                                                                          Lukas 17, 5+6

 Amen.