Andacht für Sonntag, den 10. Mai 2020
Evangelisch-methodistische Kirche Bezirk Kassel/Großalmerode
Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.
Psalm 98,1
Singet – auf Latein Kantate heißt der heutige Sonntag im Kirchenjahr. „Gesungen wird ja nur noch im Fußballstadion und in der Kirche.“ So steht es in einer Predigtmeditation für heute.
Ihr Lieben,
ihr merkt, dieser Satz ist vor Corona-Zeiten geschrieben worden. Denn in den Stadien und Kirchen war es jetzt wochenlang still. Selbst wenn der Ball bald wieder über den Fußballrasen rollen darf, werden noch lange keine Fangesänge von den Tribünen ertönen. Und wenn in den Kirchen die Gottesdienste so nach und nach beginnen, wird es auch da recht ruhig zugehen. Denn von Gemeindegesang wird zunächst abgeraten wegen der erhöhten Infektionsgefahr, die durch die verstärkte Luftbewegung entsteht. „Gottesdienst ohne Gesang geht das überhaupt?“, fragen viele.
Singen ist grundlegend für den Glauben.
Davon zeugt die Bibel an vielen Stellen. Immer wieder, besonders dann, wenn Menschen Gottes Nähe in besonderer Weise erfahren, bricht es aus ihnen heraus, dass sie anfangen zu singen und Gott loben. Zum Beispiel singt Hanna ein Loblied, als sie nach langer Unfruchtbarkeit endlich schwanger wird (1. Samuel 2,1-10). Oder Paulus und Silas, als sie gefesselt im Gefängnis sitzen, fangen an zu singen. Die Gefangenen ringsum hören es. (Apostelgeschichte 16, 25) Und denkt an die 150 Psalmen in der Mitte der Bibel! Das sind alles Glaubenslieder. Lieder für alle Lebenslagen, in denen gedankt und gelobt, aber auch geklagt und mit Gott gerungen wird. Margot Käßmann sagt: „Singen gehört zu unserem Glauben von Anfang an. Wenn heute viel nach Spiritualität gefragt wird, können wir sagen: Im Singen erfahren wir Gottes Nähe und Trost durch die Worte anderer, wenn wir keine Worte finden!“
So ging es mir auch in den letzten Wochen. In den Andachten haben wir euch an Lieder erinnert und zum Singen zuhause aufgefordert. Ich habe gestaunt, wie gut die Texte in unsere Situation passten. Wir sind in dieser Corona-Zeit nicht verstummt, auch wenn es in den Kirchen still geblieben ist. Menschen haben sich zum Singen auf Balkonen zusammengefunden. Im Internet findet man viele Beispiele, dass Menschen an verschiedenen Orten singen und zu einem gemeinsamen Chor zusammengefügt werden. Die Technik macht es möglich.
Zum Beispiel gab es einen weltweiten methodistischen Chor. Dreihundert Personen haben zu Ostern den Choral »Christ, der Herr ist auferstanden« per Videobotschaft gesungen. Viele tausendmal wurde diese Botschaft aufgerufen.
Wer sonntags an den Bildschirmen Gottesdienste mitgefeiert hat, konnte auch mitsingen. Wenn wir die Lieder kannten, haben wir es getan, auch wenn es sich eigenartig anfühlt allein oder zu zweit zu singen. Doch es tat gut zu singen. Manchmal begleitete mich ein Lied weiter. Dann habe ich im Kopf weitergesungen.
In einer Diskussion in den letzten Tagen, ob man nun im Gottesdienst singen darf oder nicht und ob das dann ein richtiger Gottesdienst sei, erzählte einer davon, wie Christen, denen zu Sowjetzeiten Versammlungen verboten war, trotzdem Gottesdienste feierten. Sie trafen sich dazu heimlich im Wald. Auch für sie gehörte das Singen von Glaubensliedern grundlegend zum Gottesdienst dazu. Zu ihrem eigenen Schutz haben sie nur die Lippen bewegt – und ohne Töne gesungen. Es war nichts zu hören, aber geklungen haben diese Lieder trotzdem – nämlich in ihnen. Sie fanden in diesen Liedern Trost und Halt.
Mich hat diese Geschichte bewegt. Wenn wir wieder Gottesdienste feiern, lasst uns das mit Vorsicht und voller Dankbarkeit tun. Zu unserem Schutz wollen wir uns mit dem Singen zurückhalten. Wir können die Melodien hören, die Texte lesen und innerlich singen. Vielleicht auch summen oder hinter Mund-Nasen-Schutz mitbrummen. Das ist nicht schön, aber lasst uns das aushalten – bis wir wieder aus voller Kehle singen und Gott loben können. Er hört uns schon jetzt, wenn wir innerlich singen.
Lasst uns jeder und jede für sich – und trotzdem gemeinsam das Lied 25 (EmK-Gesangbuch) singen, brummen oder summen:
Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt, damit ich lebe.
Ich lobe meinen Gott, der mir die Fesseln löst, damit ich frei bin.
Refrain: Ehre sei Gott auf der Erde in allen Straßen und Häusern, die Menschen werden singen, bis das Lied zum Himmel steigt. Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Frieden auf Erden.
T: Hans-Jürgen Netz 1979, M: Christoph Lehmann 1979, Q: tvd-Verlag, Düsseldorf
Gott fülle eure Herzen mit Liedern, die euch Trost und Halt geben.
Gott trockne die Tränen derer, die trauern.
Gott richte auf, die verzagt sind.
Gott schütze euer Leben und schenke euch Zuversicht.
So segne und behüte euch der gütige und gnädige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen
Wenn ihr Hilfe braucht bzw. ein Gespräch wünscht, wendet euch bitte an uns. Wir sind zu erreichen unter der Email: katharina.lange@emk.de und michael.putzke@emk.de und telefonisch unter den Nummern 0561-16595 und 0561-5108193.
Es grüßen euch euer Pastor Michael Putzke und eure Pastorin Katharina Lange