Andacht für Sonntag, den 19. April 2020
Evangelisch-methodistische Kirche Bezirk Kassel/Großalmerode

Ihr Lieben,
wie habt ihr in diesem Jahr Ostern erlebt? Es war ein außergewöhnliches Osterfest. Sehr ruhig und in-sich-gekehrt und still. Aber trotz der Stille und trotz der geschlossenen Kirchentüren wurde die Osterbotschaft auf andere Weise als gewohnt hörbar und sichtbar. Zum Beispiel so: Christen hatten bundesweit aufgerufen, den Ostergruß mit Straßenkreide auf den Bürgersteig zu schreiben. Und einige haben es getan, auch in Nordhessen.

Von 30 Osterlichtern, die wir vor die Tür der Pauluskirche in Kassel gestellt hatten, waren am Ostersonntagabend nur noch fünf übrig. Die Osterbotschaft war mitgenommen worden.

Am Ostersonntag sangen wir am geöffneten Küchenfenster den alten Osterhymnus „Christ ist erstanden“. Aus der Ferne hörten wir eine Posaune die Melodie spielen. Im Fernsehgottesdienst war dazu aufgefordert worden. Wenig später rief uns Mechthild B. an, die seit vielen Jahren an Ostern in ökumenischer Verbundenheit in der Pauluskirche in Kassel vorbeikommt und uns aus der katholischen Kirche das Osterlicht bringt und mit der Gemeinde den Osterhymnus singt. Dann zieht sie weiter in ihre evangelische Gemeinde. Das ging diesmal nicht. So rief sie an und fragte: Wollen wir nicht miteinander singen. Und wieder sangen wir diesmal zu dritt am Telefon „Christ ist erstanden von der Marter alle; des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis…“ Beim Osterspaziergang grüßte ich dann im gebührenden Abstand andere mir völlig fremde Spaziergänger mit „Frohe Ostern“. Jedes Mal kam ein freundlicher Gruß zurück. Und viele Grüße per Email, WhatsApp, Post oder Telefon haben mich an diesem Osterfest trotz Kontaktsperre und Gottesdienstverbot froh gemacht. Ich hoffe, auch ihr konntet so etwas erleben. Ich bin froh über die Kreativität, die in dieser Zeit zutage tritt. Wann habe ich das letzte Mal mit Straßenkreide gemalt und laut aus dem Fenster heraus gesungen? Und hätte ich mich je mit der Osterbotschaft so nach draußen gewagt?

Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft

Doch nun frage ich und viele andere auch: Wie geht es jetzt weiter? Wie lange wird dieser Ausnahmezustand noch bestehen bleiben? Ich beobachte bei vielen Ungeduld und Ermüdungserscheinungen. Eltern, die ihre Kinder zuhause betreuen und irgendwie auch arbeiten müssen, geht langsam die Puste aus. Geschäftsleute können vor lauter Sorgen nicht mehr schlafen. Und auch das viele Alleinsein zehrt an den Kräften. Es wird zwar eine schrittweise Lockerung der Kontaktsperre geben. Doch viele Einrichtungen und auch die Kirchen bleiben geschlossen. Vorsicht und Distanz sind weiterhin geboten.

Ein Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja (Kapitel 40,29.31) für den heutigen Sonntag passt in diese Situation. Es ruft Menschen, die müde und kraftlos geworden sind, zum Durchhalten auf:
Der HERR gibt den Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden….Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.
Der Prophet spricht hier ursprünglich zu Menschen aus dem Volk Israel, die als Gefangene ins Exil nach Babylon verschleppt worden waren. Anfangs hatten sie gehofft, bald wieder heimkehren zu können. Sie sehnten sich nach Hause in ihr altes Leben. Doch inzwischen war viel Zeit vergangen. Darüber sind sie müde geworden. Viele glaubten nicht mehr daran, dass ihr Gott ihnen noch helfen wird. Dann tritt dieser Prophet auf, der sie auffordert: Gebt nicht auf, gebt euren Glauben nicht auf. Hofft weiter, dass Gott euch retten wird. Haltet an Gott fest. Dann werdet ihr merken: Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft…

„Harren“ ist ein altes Wort. Es meint warten, geduldig abwarten und dabei gilt es, an Gott festzuhalten, der uns doch zugesagt hat, dass er immer bei uns ist. Ein altes Lied in unserem Gesangbuch (373) formuliert das so: Harre, meine Seele, harre des Herrn! Alles ihm befehle, hilft er doch so gern. Sei unverzagt, bald der Morgen tagt und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach. In allen Stürmen, in aller Not wird er dich beschirmen, der treue Gott.

Wir befinden uns in einer solchen „Zeit des Harrens“. Uns wird viel Geduld abverlangt. Ich wünsche uns, dass wir die Kraft spüren, die uns im Festhalten an Gott und seine Versprechen zuwächst, dass wir nicht müde werden im Glauben. Lasst uns nach fünf Wochen Kontaktsperre auch nicht müde werden, Wege zu suchen, wie wir trotz körperlicher Distanz einander nah sein können. Ruft weiter einander an, schreibt euch Nachrichten. Macht einander Mut. Oder singt am Telefon miteinander, wie wir es Ostern getan haben. Es geht und es tut gut. Und vor allem betet füreinander und für andere.

Gott, segne uns und behüte uns.
Gott, schütze unser Leben und bewahre unsere Hoffnung.
Gott, lass dein Angesicht leuchten über uns,
dass wir leuchten können für andere.
Gott, erhebe dein Angesicht auf uns und halte uns fest im Glauben,
dass das Leben lebendiger ist als der Tod. Amen

Wenn ihr Hilfe braucht, wendet euch bitte an uns.
Email: katharina.lange@emk.de und michael.putzke@emk.de
Telefon: 0561-16595 und 0561-5108193.

Es grüßen euch euer Pastor Michael Putzke und eure Pastorin Katharina Lange